Digitale Lehre

 

Die Lehre vom Lehren in Corona-Zeiten

– aus dem Leben eines Lehr-WiMi´s – eine Zwischenbilanz

 

Zur Situation in der Lehre und in der Forschung haben Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem letzten Jahr einiges zu berichten:

Der Start des Corona-Sommersemesters lief holprig, in kürzester Zeit musste auf Online-Lehre umgestellt werden. Dafür waren sowohl die Digitalisierung der Lehrmaterialien als auch die Einführung von Kommunikationstools notwendig. Praxisveranstaltungen fielen ganz aus oder wurden in Blockveranstaltungen mit kleiner Teilnehmer*innenzahl im eingeschränkten Präsenzbetrieb am Ende des Semesters durchgeführt. Für Klausuren und teilweise auch für mündliche Prüfungen mussten teilweise alternative Prüfungsformate gefunden werden, hier tauchten auch juristische Fragen auf.

Die Lehrenden wurden nicht nur mit der Notwendigkeit konfrontiert, ihre technische Ausrüstung (teils privat) aufzurüsten, sondern mussten auch organisatorische und technische Schwierigkeiten bewältigen sowie die Sorgen und Nöte von Studierenden auffangen. Dabei gehörte das Arbeiten in einer rechtlichen Grauzone im Homeoffice zum Alltag der Beschäftigten, die oft wegen der Vorbereitung von Lehrveranstaltungen ihre Forschung oder das Arbeiten an einer Dissertation hintenanstellen mussten, wobei nicht wenige auch vermehrt familiären Pflichten ausgesetzt waren. Homeoffice in kleinen Wohnungen mit Kind und Kegel, gleichzeitig mit dem*der Partner*in arbeiten, Kinder betreuen oder ihnen bei den Hausaufgaben helfen, online lehren… brachte so manche an Grenzen.

Die Lehrenden litten unter dem geringen Kontakt zu Kolleg*innen und zu Studierenden und bemängelten die auffälligen „Schwundzahlen“ bei synchronen Online-Veranstaltungen, die sie doch mit hohem Aufwand und Engagement vorbereitet hatten, oder auch die vielen schwarzen Bildschirme in Zoom.

Der Unmut der Studierenden, die erstmals oder wiederholt nicht in praktische Lehrformate wie Praktika oder Projekte aufgenommen werden konnten, wächst zusehends und wird natürlich zuerst bei den Lehrenden „abgeladen“. Trotzdem blieb in vielen Studiengängen die Anzahl der Neuimmatrikulierten gleich oder stieg sogar an. Mit dem Problem, dass die „Erstis“ nicht ausreichend mit Lehre „versorgt“ werden können, fühlten sich Lehrende teilweise allein gelassen. Eine Lösung wären geringere Studienanfängerzahlen oder eine gesteigerte Ausstattung mit Lehrpersonal oder Lehrbeauftragten gewesen.

Am Ende des Semesters stand die Frage im Raum, wie ein erhöhter Mehraufwand für Vor- und Nachbereitung von Online-Seminaren und schriftlichen Leistungsnachweisen sowie für die Vor- und Nachbereitung von Veranstaltungen im eingeschränkten Präsenzbetrieb in der Lehrverpflichtungserklärung dokumentiert werden können, die von Seiten der Fakultäten teilweise „wie üblich“ eingefordert wurde. Gerade bei hohen Lehrdeputaten (Lehrkräfte für besondere Aufgaben, Wiss. Mitarbeiter*innen mit dem Schwerpunkt Lehre) entstand hier eine große Unsicherheit, wie ausgefallene Lehre angerechnet wird oder ob sie nachgeholt werden muss.

Bezüglich der Forschung erwiesen sich z.B. die mangelnde Kontinuität durch ausgefallene Tagungen und Konferenzen, der teilweise erschwerte Zugang zu den Laboren im Fachgebiet, Bibliotheken und Forschungseinrichtungen und die nicht immer gelingende Verlängerung von Drittmittel-Projekten und daher ggf. eine Gefährdung des rechtzeitigen Abschlusses der Promotion als problematisch.

Trotzdem bleibt auch Raum für Positives: Die Online-Lehre eröffnete neue Perspektiven für die Lehre mit medialer Unterstützung, forderte mehr Selbstständigkeit beim Lehren und Lernen und bot die Möglichkeit Lehrformate alternativ synchron und asynchron anzubieten, was mehr Flexibilität in den Lehr- und Lernalltag brachte. Die intensive Nutzung digitaler Medien sowie die verbesserte Ausstattung mit der benötigten Hard- und Software hat gezeigt, dass man sich auf den Weg gemacht hat, auf dem sich die „junge Generation Internet“ schon befindet. Die Lehrendenbefragung und auch unterschiedliche Befragungen der Studierenden zeigt hier, dass doch grundsätzlich eine gewisse Zufriedenheit mit der Situation in der Lehre geäußert wurde.

Abschließend bleibt nur zu hoffen, dass dies das letzte Semester unter Corona-Bedingungen bleiben möge, dass die Fortschritte in der digitalen Lehre genutzt werden können und die Einschränkungen, die Distanz und die erschwerten Bedingungen des Lebens und Arbeitens keine gravierenden persönlichen Folgen nach sich ziehen mögen. In diesem Sinne: Bleiben Sie fröhlich und positiv gestimmt!

Die verdi-Liste möchte, dass die große Gruppe der WiMis (mehr als 2000 Beschäftigte) stärker in den Blick genommen wird und fordert u.a. speziell für diese:

  • Einhaltung bzw. großzügige Auslegung der LVVO (Lehrverpflichtungsverordnung zu u.a. dem Lehrdeputat) bzw. hochschulpolitisch auf Landesebene Überarbeitung der LVVO
  • Wertschätzung der Leistungen bei der ad-hoc-Umstellung auf Online-Lehre: kein Nachholen ausgefallener Lehre
  • weniger Belastung mit Verwaltungsaufgaben
  • Anrechnung der Verwaltungs- und Korrekturzeiten auf die Arbeits- oder Lehrverpflichtungszeit
  • ausreichend Zeit zur Qualifizierung
  • weniger Kurzzeitverträge
  • Umsetzung der Maßnahmen zur Personalentwicklung für wissenschaftliches Personal
  • großzügige Auslegung der familienpolitischen Komponenten für WiMis …

Arbeitsplatzgestaltung Ausstattung im Homeoffice Digitalisierung
Personalentwicklung Personalgewinnung und -bindung Personelle Ausstattung der IT-Administrator*innen
Verbesserung der Eingruppierung Wertschätzung Die ver.di-Liste